1960 in Wien geboren, entschied sich der Unternehmersohn Karlheinz Essl bald für ein Leben als freiberuflich arbeitender Komponist. Während der Bruder zum erfolgreichen Co-Unternehmer avancierte, machte sich Essl als innovativer Klangbastler international einen Namen.
Bei Karlheinz Essl, dem erstgeborenen Sohn des gleichnamigen "Baumarktriesen", liegt der Fall etwas anders. "Es hat sich schon früh herauskristallisiert", sagt der 1960 in Wien geborene Komponist, "daß für meinen Vater mein jüngerer Bruder Martin die eigentliche Anlaufstelle ist. Wenn er ein unternehmerisches Problem zu besprechen hatte, dann tat er dies immer mit ihm auf langen Spaziergängen. Es kam also fast zwangsläufig, daß er heute in der Firma die Aufgabe des Vize-Vorstandschefs übernommen hat."
Ganz ohne väterlichen Druck konnte sich Essl dennoch nicht entwickeln. "Geh' deinen Weg", mahnte dieser, "aber es muß dabei etwas herausschauen." Essl experimentierte zunächst mit Jazzensembles, studierte Musikwissenschaft und erarbeitete sich am Kontrabaß ein beachtliches Niveau. Bei Alfred Uhl steigt er schließlich an der Musikhochschule aus dem Stand in den dritten Tonsatz-Jahrgang ein. Das Damaskus-Erlebnis kam durch die Begegnung mit Friedrich Cerha. "Mich ihm auszusetzen", erinnert sich Essl, "war die wahrscheinlich beste Entscheidung meines Lebens." Essl wurde zwei Jahre hart gefordert, was zur Folge hatte, daß sich seine ganze künstlerische Welt von Grund auf veränderte. Cerha vermittelte ihm nicht nur die Bedeutung der Zweiten Wiener Schule (Schönberg, Webern, Berg), er eröffnete ihm auch den Weg zur musikalischen Strukturanalyse: "Bis zur Grenze, wo man nichts mehr erklären kann." |
Ab 1986 läßt sich Essl vor sich selbst als Komponist gelten. Anton Webern, über den er dissertierte (und so den verlockenden Möglichkeiten einer zu schnellen Karriere widerstand), gab die Richtung vor. 1987 kam dann mit dem "Österreich heute"-Festival im Konzerthaus so etwas wie ein Durchbruch. Was folgte waren Festival-Einladungen zu den renommierten Darmstädter Ferienkursen, an das Klangforschungslaboratorium IRCAM in Paris und jüngst Portraitkonzerte bei den Salzburger Festspielen.Verallgemeinernd sagt Essl, daß ihn neben der Breite seiner Ausbildung sicher auch eine Portion Glück auf den Weg gebracht hat: "Ich bin mir sicher, daß meine Entwicklung auch mit Fügung zusammenhängt. Ich habe mich dem Strom hingegeben. Der Weg ist durch das Gehen entstanden."
Zunehmend wurde für Essl der Computer zum Inspirations-Vehikel. Differenzierte Strukturen blieben wichtig, aber der Prozeßverlauf der Stücke, ihr Ende wurden immer unvorhersehbarer. Nicht zufällig heißt eines seiner Werke Ins Offene!, wo sich vier Musiker auf wechselnde Koalitionen einlassen, gegeneinander oder miteinander spielen.
Essls Tagesablauf hat freilich nichts mit den romantisch gefärbten Vorstellungen vom beschaulichen Komponistenleben gemein. Er verdient sich sein Brot auch über eine Lehrtätigkeit im Linzer Studio for Advanced Music & Media Technology (SAMT). Zudem ist er Musikintendant des SCHÖMER-HAUSES in Klosterneuburg, wo er anspruchsvolle Konzerte veranstaltet.
Der Rest gehört der eigenen Familie und der Komposition. Der Vater, so hört man, hat Gefallen daran.
in: DER STANDARD (20./21.03.1999) - Karriere
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Updated: 7 Jan 2007