Martin Mallaun und Karlheinz Essl: Ruderals
(Michael Ternai)
in: musicaustria.at
(8 Jan 2014)
Nun, es sind nicht unbedingt die gängigen musikalischen Entwürfe, die Martin Mallaun und Karlheinz Essl auf ihrem gemeinsam eingespielten Album ruderals (Nachtstück Records) zu Gehör bringen. Was aber im Grunde genommen eigentlich auch wenig überraschen sollte, ist man mit dem bisherigen Schaffen der beiden vertraut. Hier sind zwei Musiker am Werken, die sich bekanntermaßen schon vor langer Zeit von den üblichen Formen des Musik-Produzierens verabschiedet haben, um sich ihrer ganz eigenen Art der Klang- und Sounderzeugung widmen zu können. Der Tiroler auf seiner Zither und der Wiener mit seinem selbst entwickelten m@ze°2 – Computer zeigen sich als überaus experimentierfreudige Tonkünstler, die auf einem Terrain weit abseits der traditionellen musikalischen Konventionen und stilistischen Fragestellungen agieren und alleine die hohe Kunst der Improvisation zu ihrem Ausdrucksmittel erkoren haben.Eigenen Angaben nach verzichten Martin Mallaun und Karlheinz Essl auf jegliche vorgefassten Konzepte. Nahezu alles, was von den beiden auf „Ruderals“ dargeboten wird, folgt seinem ganz eigenen Regelwerk. Nach musikalischen Strukturen, Melodien und Harmonien im herkömmlichen Sinn sucht man vergeblich, vielmehr entwickelt sich die ganze Geschichte aus einem steten Prozess heraus, aus einem von spontanen Einwürfen bestimmten Dialog, der wirklich alle künstlerischen Freiheiten gewährt und in jede Richtungen führen kann.
Die Stücke des Duos leben von stetigen Steigerungen und entwickeln ihre Spannungsbögen über den immer wiederkehrenden Wechsel zwischen langgezogenen und eher reduziert gehaltenen Passagen und die stringente Linie brechende und manchmal auch fast schon noisig anmutende Sounderuptionen. Es ist die Auslotung der Möglichkeiten ihrer Instrumente, welche der Tiroler und Wiener im Geiste der Innovation an die Spitze zu treiben versuchen, das Spiel mit Andeutungen und dem unter der wahrnehmbaren Oberfläche Stattfindenden. Die Töne, Sounds und Geräusche verweben die beiden gekonnt zu permanenten Klangzuständen einer starken bildhaften Note, welche die Vorstellungskraft und Fantasie der HörerInnen animieren soll.
ruderals ist ein Album geworden, das musikalisch eindeutig avantgardistischen Prinzipien folgt, es ist ein sehr stimmungsvolles und abwechslungsreiches, aber auch eines, dem man Zeit geben muss. Tut man dies aber, eröffnet sich letztlich ein wirklich spannendes und unvorhersehbares, weil eben auch nicht alltägliches Hörerlebnis.
Die komplette Musik und Grafik kann unter diesem Link heruntergeladen werden. Die CD ist kostenlos! Wer allerdings für diese Musik etwas geben will: 90% der Einnahmen kommen karitativen Zwecken zugute, 10% gehen an den Betreiber des Labes „Nachtstück Records“.
Musikalisches Neuland
(Fredrik Schwenk)
in: Zither-Magazin
(2014)
Ruderal (lat. rudus "Schutt") nennt man Pflanzen, die auf devastierten, übernutzten oder vegetationsfrei brach gehaltenen Böden zu Artengemeinschaften heranwachsen. Mit der CD Ruderals, einer Gemeinschaftsproduktion zweier Persönlichkeiten der österreichischen Musikszene begeben wir uns in Grenzbereiche, die der Zitherwelt noch wenig erschlossen sind. Martin Mallaun, der seit einigen Jahren neben Auftritten u.a. beim Edinburgh International Festival oder Klangforum Wien, durch Mitwirkung im Zither-Ensemble Trio Greifer zunehmend in der zeitgenössischen Musikszene unterwegs ist, und der 1960 in Wien geborene Komponist Karlheinz Essl, der nach einem Kompositionsstudium bei Friedrich Cerha mit seinem Aufenthalt als composer in residence in Darmstadt und am Pariser IRCAM zwei klassische Karrierestufen zum Parnass avantgardistischen Mainstreams emporgeklettert ist, sind eine äußerst interessante, zwischen Free-Jazz-Einflüssen, algorithmischen Kompositionsverfahren und kunstgewerblicher Formentwicklung pendelnde Symbiose aus Improvisation und elektroakustischer Komposition bzw. Manipulation eingegangen.Martin Mallaun mit der Zither und der Avantgardist Essl mit der selbstentwickelten m@ze°2-Computer-Software bewegen sich nach Ansicht der meisten musikliebenden Menschen sicherlich weit ab vom vertrauten Terrain musikalischer Konventionen. Doch klingen viele der Titel irgendwie vertraut, als ob der beabsichtigte Vorstoß in musikalisches Neuland mit den Mittel tradierter Muster aus Jazz und Algorithmen nicht recht gelingen wollte.
Exemplarisch herausgegriffen sei hier der knapp neun Minuten dauernde Titel Ballota Nigra. Vielleicht ist es gerade der Verzicht auf vorgefasste Konzepte, Regelwerke musikalischer Dramaturgie, der dem angestrebten spontanen Dialog zum trotz eine eher konventionelle Progression aufoktroyiert, wie wir aus vielen Improvsationsmodellen der Vergangenheit und Gegenwart gewohnt sind. Das Verweben von Tönen, Sounds und Geräuschen gerät bisweilen zu einem eindimensionalen Stilmittel, dessen Tiefenschärfe durch das der Improvisation geschuldete Zufällige verflacht und manchen Titel die Prägnanz nimmt, die das kompositorische Verfahren eigentlich erfordert. Weitere Titel: Matura Stramonium [sic!], Echium Vulgare, Urtica Dioica, wie Ballota Nigra alles Pflanzen aus der Ruderalgemeinschaft. Hörenswert schon wegen der hervorragenden Klangqualität.
Martin Mallaun und Karl-Heinz Essl: ruderals; Nachtstück Records.
(Martin Hufner)
in: Neue Musikzeitung 5/2014 - CD-Tipps
Es muss nicht immer CD oder Vinyl sein. Die Improvisationen von Karl-Heinz Essl (Electronics) und Martin Mallaun (Zither), live aufgenommen in „Die Bäckerei“ Innsbruck entführen in musikalische Duowelten, in denen man sich mit den Ohren treiben lassen darf. Das ganze klingt nicht überanstrengt. Man geht beim Hören auch keineswegs verloren. Das alles gibt es für lau. Aber, wer will, mag etwas spenden. Zehn Prozent gehen an das Label, der Rest an einen karitativen Zweck.Download: Nachtstück Records
Martin Mallaun / Karlheinz Essl: Ruderals
(Matěj Kratochvíl)
in: his voice
(7. April 2014)
Rakušana Martina Mallauna jsme před časem zmiňovali jako člena tria citeristů, které pod názvem Greifer (naše recenze zde) úspěšně zatahuje tradiční nástroj do netradičních souvislostí. Na první položce nové značky Nachtstück Records se Mallaun a jeho citera setkávají s vídeňským skladatelem a elektronikem Karlheinzem Esslem. Záznam jejich společné improvizace z roku 2011 byl sestříhán do šesti skladeb, plynule přecházejících jedna v druhou.Pokud vám, stejně jako mě, chybí vzdělání v ekologii, vězte, že slovo „ruderální“ existuje i v češtině a označuje společenstva rostlin a živočichů obývajících rumiště. A jelikož je Martin Mallaun nejen hudebník, ale také botanik, je šest skladeb na nahrávce pojmenováno podle typických rumištních květinek: durman obecný, hadinec obecný, měrnice černá, kopřiva dvoudomá, lopuch větší, blín černý. Rostliny, s nimiž si běžně nespojujeme valný estetický dojem, ale které projevují úžasnou životaschopnost, s níž si hledají cestu mezi pozůstatky industriálního prostředí a berou si jej od lidí zpět. Mallaunova a Esslova hudba s takovými představami dobře ladí a přímo vybízí k doslovnému výkladu: akustické tóny citery jako stonky a listy kopřiv prorážejí cestičky mezi elektronickými zvuky, coby pozůstatky civilizace. Role elektroniky někdy spočívá v upravování a překrucování citerových tónů, jindy vrší civilizační ruchy, více či méně identifikovatelného původu. Citera je rozeznívána jak tradičním způsobem, tak všelijakým škrábáním a rozlaďováním.
V improvizovaném proudu převládá divoká neučesanost, jak se na rumiště sluší a patří, objeví se ale také místa překvapivého klidu, jako když a skládce krásně bíle kvete durman. Přepínání stylových poloh od křečovitých industriálních úderů po mutaci najazzlých nálad, v nichž citera připomíná tremolem rozechvělou kytaru, má dobré časování, takže posluchačská pozornost je stále přiměřeně napjatá. Ve srovnání s nahrávkou Greifer je na albu Ruderals citera součástí velké hromady zvuků, takže její kulturní bagáž se nestává tématem. Tím je tady souhra či souboj akustického světa s elektronickým. A výsledné rumiště stojí za poslech.
Album lze na výše uvedené adrese stáhnout zdarma, či za dobrovolný příspěvek, z něhož autoři navíc slibují poslat devadesát procent na charitu.
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Updated: 12 Jun 2020