planned sound environment for a light installation by Rainer Gottemeier
2008/2009
Commissioned by the City of Bochum
Der Brückenraum markiert einen innerstädtischen Schnittpunkt, an dem sich drei Geschwindigkeiten kreuzen: Bahn – Auto – Mensch. Die Lichtinstallation thematisiert die Geschwindigkeit des Gehens.Der Geist des Ortes ist verknüpft mit der Tradition des Bergbaus. BOCHUMSTEP visualisiert eine atmosphärisch gestimmte Durchgangssituation, einen Ort der Kommunikation und des Gesellschaftsspiels. Eingedenk der verstorbenen Bergleute dient er als Andachtsraum, aber auch als “Tanzplatz”. “Musik und Tanz sind eigentliche Freuden des Bergmanns; sie sind wie ein fröhliches Gebet.” (Novalis, “Heinrich von Ofterdingen”)
Die Bezifferung der Brücke 9 wird auf mehreren Assoziationsebenen visualisiert. Für den handelnden “Grenzgänger“ wird sie körperlich erfahrbar: Im Fußgängerbereich des Brückendurchgangs werden zwei lichthaltige Pfade über den Köpfen der Passanten installiert. Die markanten Lichtachsen setzen sich jeweils aus vier hellblau/rötlich leuchtenden Acrylglasrhomboiden zusammen. In jedem Leuchtkorpus sind neun Neonzeichnungen von Schuhsohlen installiert, die zusammen eine Neun bilden. Alle Sohlen pulsieren in einem langsam wechselnden Rhythmus.
Die Elementarform des BOCHUMSTEP verläuft in einem schlaufenförmigen Gehrhythmus, der die eingedrehte Kopfform der Neun nachzeichnet. Drei rote Neonpfeile verdeutlichen in jedem Leuchtkorpus die Bewegungsrichtungen. Kern ist das Sichtbarmachen von Zeit, der eigenen Spur, des eigenen Rhythmus, der eigenen räumlichen Ausdehnung. BOCHUMSTEP versteht sich als Handlungsgeographie, als Vorschlag, den Brückentransit 9 neu zu erfahren, zu besohlen, tänzelnd zu erleben.
In BOCHUMSTEP vermengt sich Moderne mit Historie: Das angrenzende Bergbau-Museum Bochum ist ein Ort der Spurensicherung. Der atmosphärisch-blaue Durchgang organisiert den Umgebungsraum der Brücke. Die Klanginstallation von Karlheinz Essl akzentuiert die durch Sinneseindrücke geprägte Atmosphäre. Der Besucher erlebt den Brückenraum als Ort gleichzeitiger Momente und sich selbst als bewegtes Zentrum des Ereignisses.
Ausschnitt aus der Soundscape von BOCHUMSTEP
Das bekannte Steigerlied - die heimliche Hymne des Ruhrgebiets - diente Karlheinz Essl als Ausgangsmaterial für sein Klang-Environment zu BOCHUMSTEP. Einer Aufnahme des Chorstücks (gesungen von den Freiberger Bergsängern) wird eine eigene Bearbeitung für lochkarten-gesteuerte Spieluhr entgegengesetzt. Diese beiden Klangsphären verweisen auf die zwei unterschiedlichen, aber aufeinander bezogenene Aspekte des Bergbaus: der Mensch (Bergmann) - repräsentiert durch den Gesang - und die Maschine (Werkzeug) - dargestellt durch die Mechanik des Glockenspiels.
Spieluhr-Lochstreifen mit einer Bearbeitung des Steigerliedes von Karlheinz Essl
© 2009 by Karlheinz Essl
Mit einer eigens für dieses Projekt entwickelten Software - dem in Max/MSP geschriebenen BOCHUMSTEP Grainer - werden die beiden klanglichen Gegenwelten von Stimme und Spieluhr miteinander in Verbindung gebracht, in Form eines unendlichen Prozesses, der generativ in Echtzeit erfolgt.
Benutzeroberfläche von Karlheinz Essls BOCHUMSTEP Grainer
© 2009 by Karlheinz Essl
Für Überraschung ist gesorgt: Da diese computerbasierte Klangmaschine über ein geheimes und autonomes Innenleben verfügt, sind die klanglichen Resultate nicht vorhersehbar und unwiederholbar. Damit wird das alte Thema "Mensch und Maschine" in Form einer sich kabbalistisch ständig neu zusammenwürfelnden Ballade immer wieder neu erzählt.
Mein Dank gilt den Freiberger Bergsängern für die Genehmigung, die von ihnen gesungene Interpretation des Liedes Glückauf, der Steiger kommt (Satz: Steffen Döhner) verwenden. - Das Projekt wurde gefördert vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und Ziel2.NRW.
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Updated: 16 Jan 2024