ich mit dem Leben auseinandersetzen. Ernst Kovacic im Gespräch mit Joachim Reiber
in: Mitteilungen der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Mai/Juni 1996)
Bei Karlheinz Essl, dessen Solostück absence ich zur Uraufführung bringe, gab es am Anfang eine Besprechung, und dann hat er seine Komposition in zwei, drei Schüben geliefert. Das Stück liegt nun vor, und ich freue mich sehr, daß es so geworden ist, wie es nun dasteht. Meine Vermutung hat mich nicht getäuscht, daß Essl wirklich einen Beitrag zur Gattung leisten kann. Er ist ein sensibler, der Geistigkeit der Avantgarde verpflichteter Musiker, zugleich aber ein Komponist, der sich sehr intensiv mit dem Instrument auseinandersetzt und genau weiß, wofür er schreibt. Wenn er zum Beispiel das, was die rechte Hand zu tun hat, getrennt von der linken notiert, so ist das nicht nur ein geistiges Experiment wie bei Cage, sondern eine durchaus praktikable, sinnvolle Bereicherung der Notationsweise.
Wege der Selbstverwirklichung (Christian Heindl)
in: Wiener Zeitung (Wien, 6.6.1996)
Einnehmend ist auch Karlheinz Essl's absence, das zur Uraufführung gelangte. Hier ist alles versammelt, was es an altbewährter und neuer Spieltechnik gibt. Vom flirrenden Clusterbeginn geht es da zu liegenden Tönen in hoher Lage über aggressivere Floskel und wieder ruhige Motive zu glissandierender mikrotonaler Verschiebung und Flageoletteffekten. All das baut sich in einer organischen Entwicklung auf, wenngleich die gesamtformale Anlage schwer nachvollziehbar bleibt. Dennoch bleibt nach dem wirkungsvolle abbrechenden Schluß ein befriedigendes Gesamtgefühl und - am wichtigsten! - der Wunsch nach wiederholtem Hören.
Geschick mit Wermut (mars)
in: Die Presse (Wien, 8.6.1996)
Ernst Kovacic überzeugte auch am zweiten Abend seiner Festwochen-Trilogie mit interpretatorischem Geschick. (...) Musik ganz anderer Art wurde den Bach'schen Werken jeweils vorangestellt. So erklang nach der Pause Karlheinz Essl's jüngstes Opus. Mit absence erlangte eine Komposition ihre Uraufführung, in der Strukturen Ordnung, und deren geringfügige Veränderungen "organisierte" Unordnung schaffen. Clusterähnliche Klangflächen enden dort, wo sie begonnen haben: im wohlstrukturierten Nichts.
Tradition ist wieder salonfähig (Christian Heindl)
Novitäten bei den Festwochenkonzerten
in: Österreichische Musikzeitschrift 8/1996
Gewiß, der Musikverein ist kein Hort der gewagten Experimente, und so waren primär solche Komponisten bevorzugt worden, die dem "traditionelleren" Feld der österreichischen Musiklandschaft angehören. Um gleich zu korrigieren: denn etwa ein Karlheinz Essl wäre dieser Gruppe bislang sicher nicht zuzuzählen gewesen. Dennoch zeigte sein von Ernst Kovacic präsentiertes Violinsolowerk absence ein Besinnung auf Werte, die durchaus einen breiteren Hörerkreis anzusprechen vermögen, auch wenn Technik und Klang die Stichworte sind. Vom flirrenden Clusterbeginn geht es über liegende Töne in hohe Lage, aggresivere Floskeln und wieder ruhige Motive zu glissandierender mikrotonaler Verschiebung und Flageoletteffekten. All das baut sich in einer organischen Entwicklung auf, läßt aber kaum eine gesamtformale Anlage nachvollziehen. Dennoch bleibt nach dem wirklungsvoll abbrechenden Schluß ein befriedigendes Gefühl und der Wunsch nach Wiederhören, woran Kovacic mit seiner Noblesse und reichen gestalterischen Ausdruckspalette hohen Anteil hatte.
Insel-Musik vom Archipel der Unseligen (Christian Baier)
Das "Hörgänge"-Festival im Wiener Konzerthaus
in: Neue Zeitschrift für Musik 3/1998
(...) Auch renommierte Interpreten wie der Geiger Ernst Kovacic setzen einiges daran, zeitgenössisches Musikschaffen dem Repertoire einzuverleiben, denn längst ist begriffen worden, dass man der "Moderne" - was immer darunter zu verstehen ist - nichts Gutes tut, wenn man sie in Spezialfestivals ghettoisiert, aber das tägliche Konzertgeschehen vor ihr "bewahrt". Seine Interpretation von Essls Solostück absence, einer spannenden Destruierung des Selbstverständlichen im Umgang mit dem Instrument, im Umgang mit Strukturen und musikalischen Materialien (...) beweisen die Repertoiretauglichkeit zeitgenössischen Musikschaffens, die von den Subventionsgebern in Österreich ja immer wieder angezweifelt wird.
Tao der Musik und unsichtbare Farben (wawe)
"Wien modern": Irvine Arditti brillierte bei seinem Soloabend
in: Die Presse (Wien, 17.11.1999)
(...) Solche Bedenken verschwanden bei den mitreißenden Hauptwerken des Konzerts. Der Verlauf von Karlheinz Essls vielschichtig-ereignisreichem "absence" - von durchfurchten Trillerfiguren bis zum Diffundieren ins Nichts - war ebenso klar verständlich wie das Aufrollen der Klangcharakteristik (...) in Brian Ferneyhoughs "Unsichtbaren Farben". (...)
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Updated: 31 May 2019