Karlheinz Essl in der "Alten Schmiede" (Gerhard Rosenthaler)
in: Österreichische
Musikzeitschrift 5/88 (Wien 1988)
Vor einem Vierteljahr war der 28jährige Wiener Komponist Karlheinz Essl, Schüler Friedrich Cerhas, ein unbeschriebenes Blatt. Dann kam das Musikfest "Österreich - heute" im Konzerhaus - und Essl war im besten Sinne des Wortes "vorgestellt": als eine der interessantesten, phantasievollsten, denkendsten Komponisten der jüngeren Generation. In der "Alten Schmiede" hat er seine neueste Kreation präsentiert: In the Cage - die Anspielung auf John Cage zum einen, auf die Übersetzung des Wortes mit "Käfig" zum anderen liegt auf der Hand.
Die Assoziation an ein Kinderspielzeug ist legitim und von Essl gebilligt: ein gemaltes Männchen, das sich streifenweise durch Umblättern verschieden kleiden läßt - in sehr vielen Varianten, und sie alle geben Sinn [Anmerkung des Komponisten: vgl. das surrealistische Spiel Le cadavre exquise]. Skurillen, aufreizenden, oft amüsanten Sinn - gesteuert durch Zufall, und auch der Zufall ist in Grenzen steuerbar.
In the Cage: Drei Stimmen lesen scheinbar zusammenhanglose Texte, in ihrer Wortabfolge erarbeitet mittels eines Computerprogramms, in ihrer Reihenfolge unbeeinflußt. Die Texte verzahnen sich - aus ihrer Montage bilden sich Sätze, Satzkonstruktionen, Satzkombinationen - frei, dem Zufall unterworfen. Das Prinzip verselbständigt sich, unterwirft sich einr nicht kontrollierbaren Ordnung. Die vollkommene Freiheit war zu Beginn an bestimmt, sich selbst in einen Zwang zu treiben: Zufall als Studienfall. Das musikalische Element will sich ausschalten - erkennt, daß es rhythmische Kräfte, unerhörte Klangregie gebiert, nicht ausschaltbar ist. Die Konzentration wird aufs äußerste gefordert, drängt sich als harte Forderung in den sinnentleerten Raum. Ein Weg wird abgetastet. Ein Weg, der gewiß vorbereitet war, und auf dem sich ein Stückchen weitergehen läßt.
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Updated: 29 Aug 2001